Beten und betend handeln

Seit 1927 feiern Menschen am ersten Freitag im März Weltgebetstag der Frauen. In jedem Jahr ist ein anderes Land im Fokus der weltweiten Gebets- und Gottesdienstfeiern. Im Interview lenkt die Vorsitzende des Internationalen Weltgebetstagskomitees, Joyce Larko Steiner, den Blick auf die Probleme, die insbesondere Frauen weltweit belasten, und sie berichtet davon, welche Bedeutung der Weltgebetstag für sie hat und welche Rolle er in diesen herausfordernden Zeiten spielen kann.

Joyce Larko Steiner, Vorsitzende des Internationalen Weltgebetstagskomitees © Foto: Christiane Ehrengruber/EMW | Joyce Larko Steiner, Vorsitzende des Internationalen Weltgebetstagskomitees

Welche Bedeutung hat der Weltgebetstag für Sie persönlich?

Der Weltgebetstag ist für mich ein Weg, um mit Menschen in Kontakt zu kommen, die auch an das glauben, an das ich glaube. Mit denen ich Ideen und Wertvorstellungen teile und die wie ich davon überzeugt sind, dass das Gebet sehr wichtig ist. Der Weltgebetstag ist schon lange ein Teil meines Lebens, und ich schätze immer noch die Lektionen, die ich aus den verschiedenen Feiern, an denen ich beteiligt war, gelernt habe.

Welche Auswirkungen hat Ihrer Meinung nach der Weltgebetstag auf Frauen in der Kirche und in der Gesellschaft im Allgemeinen?

In meiner Erfahrung sind Frauen gemeinhin gebetsfreudig. Wenn wir uns nicht sozial engagieren können, finden wir Trost im Gebet. Der Weltgebetstag ist also etwas, das viele Frauen in Bewegung hält und gehalten hat. Das zeigt sich auch daran, dass so viele Frauen sich jedes Jahr am ersten Freitag im März Zeit nehmen, um sich zu versammeln. Da erhalten sie Antworten auf ihre Fragen. Vor allem afrikanische Frauen sind sehr religiös, sehr spirituell, und sie verbinden Spiritualität mit allen Bereichen ihres Lebens. So kommt es zum Beispiel vor, dass jemand sagt: Dieses oder jenes Thema spricht mich so sehr an. Es hat mir geholfen, meine Herausforderungen zu verstehen und eine Lösung dafür zu finden. Daher bin ich davon überzeugt, dass der Weltgebetstag für Frauen und für Männer in der Kirche von Bedeutung ist und Auswirkung auf sie hat – und dass er auch in die Gesellschaft hineinwirkt.

Welche Herausforderungen sehen Sie insbesondere für Frauen weltweit? Und wie kann der Weltgebetstag hier helfen?

Die wirtschaftliche Lage ist sehr schlecht, besonders in den Ländern im globalen Süden. Viele Menschen sind so arm. Die Armut starrt uns regelrecht ins Gesicht. Die Mittelschicht schrumpft. So ist zum Beispiel jemand, der früher noch helfen konnte, jetzt auch auf Hilfe angewiesen.

Schauen wir beispielsweise nach Asien oder Afrika, in Länder, in denen Armut und Gewalt herrschen. Und wo Covid die Situation noch verschlimmert hat. Dort geht es um Fragen von Ernährungssicherheit und Mangel an Trinkwasser. So sind beispielweise in Ghana wichtige Trinkwasserbrunnen durch illegalen Bergbau zerstört worden. In Ghana und anderen Ländern in Afrika gibt es reiche Gold-Vorkommen. Diese werden oft illegal abgebaut – und die Regierungen machen nichts.

All das verschlechtert die Lebensbedingungen für Frauen. Und leider erleben wir auch immer wieder, dass bei Problemen die Männer einfach weggehen und die Frauen mit den Kindern zurücklassen. Und so müssen sie sich um ihre Kinder kümmern und gleichzeitig versuchen, ihre Familie zu ernähren. Sie sehen also Frauen, die gleichzeitig ihre Kinder tragen, Holzscheite und Essen schleppen, putzen, kochen und vieles mehr. Wissen Sie, was das für eine Last ist? Diese Frauen sind psychisch, körperlich, wirtschaftlich und auch emotional belastet.

Für mich muss der Weltgebetstag den Fokus auf diese Frauen und ihre Herausforderungen lenken und nach Wegen suchen, wie wir die Probleme von Frauen weltweit mildern können. Deswegen haben wir uns als Weltgebetstag auch entschlossen, uns der Thursdays in Black-Kampagne des Ökumenischen Rates der Kirchen anzuschließen, um auf eine Welt ohne Vergewaltigung und Gewalt hinzuarbeiten.

Was gibt Ihnen in diesen Zeiten Hoffnung?

Meine Hoffnung liegt in Christus, und meine Hoffnung liegt in den Maßnahmen, die wir gemeinsam ergreifen können, um auf die Herausforderungen zu reagieren, die wir haben. Natürlich wird Christus uns helfen, wenn wir uns selbst helfen. Es ist gut, zu beten. Aber es reicht nicht aus, nur zu beten, ohne zu handeln. Deshalb betonen wir: Beten und betend handeln. Lasst uns beten und lasst uns handeln, damit sich etwas verändert.

Und meine Hoffnung liegt auch auf den jungen Menschen. Sie möchte ich mit ins Boot holen. Denn wenn wir als Weltgebetstag nicht darauf bedacht sind, junge Menschen einzubeziehen, bedeutet das, dass wir eine Bewegung mit einem Ablaufdatum schaffen. Und ich glaube nicht, dass es das ist, wofür der Weltgebetstag steht.

Das Interview führte Corinna Waltz.


Zur Person

Joyce Larko Steiner aus Ghana ist Vorsitzende des Internationalen Weltgebetstagskomitees. Seit fast zweieinhalb Jahrzehnten arbeitet die Ghanaerin in verschiedenen Funktionen in kirchlichen Organisationen.

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