Die Macht der Bilder

Die Erfindung der Fotografie eröffnete auch der Missionsarbeit neue Werbemöglichkeiten. Dies zeigt das Beispiel der Basler Mission. Schon 1854 wurde ein erster Missionar mit einer Kamera ausgerüstet. Bald warben Diavorträge in Kirchengemeinden für die Mission. Heute sind Fotos allgegenwärtig, auch um für die Tätigkeit der weltweiten Kirche und in der Entwicklungszusammenarbeit zu informieren und um Spenden zu sammeln: virtuell über die digitalen Kanäle des Inernetzeitalters – aber auch heute noch „live“ in Kirchengemeinden.

Missionsfest unter Palmblättern in Kamerun: Fotografiert zwischen 1935 und 1938 von einer Frau, der Basler Missionarin Frieda Mischler. (Zugänglich unter: www.bmarchives.org unter „Mischler, Frieda“) © Foto: Archiv der Basler Mission E-30.91.019 | Missionsfest unter Palmblättern in Kamerun: Fotografiert zwischen 1935 und 1938 von einer Frau, der Basler Missionarin Frieda Mischler. (Zugänglich unter: www.bmarchives.org unter „Mischler, Frieda“)

Missionare gehörten neben Händlern, Kolonialbeamten und Naturwissenschaftlern zu den Ersten, die außerhalb Europas fotografische Aufnahmen machten. Seit der Erfindung der Fotografie im Jahre 1839 hatte sich diese mit geradezu revolutionärer Geschwindigkeit verbreitet. Sie wurde zu einer der populärsten Erfindungen des 19. Jahrhunderts.

Die 1815 gegründete Basler Missionsgesellschaft erkannte sehr früh die Möglichkeiten, die die neue Technik bot. Als Pioniere drangen die Missionare in die entlegensten Gegenden vor und machten sich mit der jeweiligen Kultur vertraut. Zur Dokumentation war das Fotografieren ideal. Bereits 1854 wurde dem Missionar Christian Georg Richter eine Kamera nach Südindien geschickt. Weitere Sendungen an andere Missionare folgten. Eine Einführung in die Technik des Fotografierens gehörte fortan zur Ausbildung im Basler Missionshaus. Die Bilder sollten zunächst bei der völkerkundlichen Schulung der neuen Kandidaten verwendet werden. Bald jedoch entdeckte man ihre besondere Qualität für den Einsatz in der Werbung.

Zeitschrift bringt Exotik in die Wohnstube

Die Missionare, später auch Missionarinnen, waren verpflichtet, regelmäßig über den jeweiligen Wirkungskreis zu berichten: über Land, Volk, Religion, Sitte und Leben der verschiedenen „heidnischen Stämme“, den Aufbau missionseigener Einrichtungen sowie Bekehrungsgeschichten. Diese Berichte erschienen in den regelmäßig erscheinenden Missionszeitschriften – mit dem Hauptziel, in der Heimat Missionsfreund*innen zu gewinnen, die die Arbeit ideell und finanziell unterstützten.

Illustrationen verliehen den Schilderungen aus den Missionsgebieten enorme Attraktivität. Nie zuvor dagewesene Abbildungen von fremdartigen Menschen, exotischen Tieren und gigantischen Pflanzen gelangten über die Missionsliteratur selbst in die kleinsten Dörfer und konnten in den Wohnstuben bestaunt werden. Die Unterstützendenkreise wuchsen. Die Mitarbeitenden der Mission sorgten für Nachschub an Bildern.

Qualität statt Quantität

Die anfänglich beschwerlichen und kaum tropentauglichen fotografischen Verfahren wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch handlichere Apparate und vereinfachte Entwicklungstechniken abgelöst und ermöglichten immer bessere Bilder. Parallel wuchsen die Ansprüche. Die Basler Missionsgesellschaft gab zunehmend genauere Instruktionen an die fotografierenden Missionar*innen heraus. Mit „Wünschenswerte Bilder“ war 1904 eine entsprechende Anweisung überschrieben: „Beim Photographieren sehe man mehr auf gute Qualität der Bilder als auf große Quantität. Man vermeide es, so viel auf eine Platte zu bringen, dass die Deutlichkeit der einzelnen Figuren darunter leidet. Interessante Einzelheiten, wie z. B. einen netten Kinderkopf (…) oder eine schöne Frucht nehme man besonders auf.“ Darauf folgt eine lange Liste an geeigneten Motiven. Darunter: „Anfänge von Stationsgründungen“, „Bilder mit kleinen Gruppen von Missionaren, Schülern und eingeborenen Arbeitern“, „Reiseleben zu Wasser zu Land“, „aus der täglichen Beschäftigung der Eingeborenen“, „geografisch interessante Punkte“, „Götzenbilder und andere religiöse Gegenstände“.

Persönliche Missionsvorträge

Zeitschriften waren nicht die einzigen Werbemittel der Basler Mission. Auch Reiseprediger begeisterten Menschen in den Kirchengemeinden für die Mission. Insbesondere Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Erkenntnis, die Reiseprediger hätten auch der heimatlichen Gemeinde „den vom Missionsfeld zurückströmenden Segen zu vermitteln“. Denn äußere Mission diente immer auch der inneren Mission – der Bekehrung der Ungläubigen im eigenen Land.

Der persönliche Missionsvortrag galt nunmehr als wichtiges Werbemittel. In den Worten des Missionssekretärs Friedrich Müller 1912: „Da spricht Person zu Person, d. h., da können Menschenseelen in ihrem tiefsten Inneren angefasst, Menschengeister aufs Nachdrücklichste beeinflusst werden.“

Mobile Museen und beeindruckende Lichtbilder

Um attraktive Vorträge halten zu können, brachten Reiseprediger Souvenirs aus den Missionsgebieten mit, Schlangenhäute, fremdartige Pflanzen – und Bilder. Ab 1904 gestaltete die „Museums-Kommission“ in Basel sogenannte „Missionskoffer“, zu den Regionen China, Indien, Kamerun und Goldküste. Diese „mobilen Museen“ enthielten ethnografische Objekte aus der Sammlung der Basler Mission sowie anschauliche Fotos. Eine besondere Attraktion waren stereoskopische Bilder, also Fotos in einer frühen 3D-Technik. Diese „mobilen Museen“ beeindruckten in Kirchengemeinden der Schweiz, in Württemberg, in Baden und im Elsass.

Beliebter noch als diese stereoskopischen Bilder waren große, an eine Leinwand projizierte Bilder. 1909 war für die Öffentlichkeitsarbeit der Basler Mission eine eigene „Lichtbilder-Kommission“ eingerichtet worden, die in den folgenden Jahren den Einsatz von Glasdiapositiven bei Missionsvorträgen steuerte. Allein im Jahr 1912 wurden für rund 3.000 Schweizer Franken Glasdias hergestellt. Das Medium Lichtbild war zwar kostspielig – die Produktion verschlang mehr als die Hälfte des Budgets der Öffentlichkeitsarbeit – aber für die Werbung war es mittlerweile unersetzlich. Die „Dia-Shows“ zielten besonders darauf ab, durch die Faszination des Mediums auch Menschen außerhalb des Einzugsfelds der Mission, vielleicht sogar kirchenferne, zu erreichen.

Mit bewegten Bildern ins 21. Jahrhundert

Das Medium Film fand in der Öffentlichkeitsarbeit der Basler Mission ab 1928 zwar ebenfalls Verwendung, konnte aber das Lichtbild lange nicht verdrängen. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts hatten die Glasdiapositive als visuelles Vorführmedium Priorität. Das begann sich mit der Einführung des Fernsehens nachhaltig zu ändern.

Heute haben sowohl Fotos als auch Videos eine noch größere Bedeutung, wenn es darum geht, über die Arbeit von Missionswerken zu informieren, die – wie Mission 21 – in der Entwicklungszusammenarbeit tätig sind. Das 21. Jahrhundert ist das visuelle Zeitalter par excellence. Dem Primat der Bilder ordnen sich auch die Missionswerke unter. Dabei wird der Einsatz von Fotos und Videos immer differenzierter. Aktuelle Fotos mit Reportagecharakter vermitteln Authentizität und Dringlichkeit, wenn es darum geht, Menschen hierzulande für solidarisches Handeln zu motivieren. Emotionale Bilder helfen mit, die geografische Distanz zu verkleinern, die Nähe von Mensch zu Mensch bewusst zu machen. Videos bieten vielfältige Möglichkeiten, das Leben von Menschen auf anderen Kontinenten, in anderen Lebensumständen kennenzulernen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.

Die Fotos und bewegten Bilder sind allgegenwärtig. Sie lassen sich auf Webseiten durchklicken, in den Social Media teilen und weiterverbreiten, auf Mobilgeräten überall ansehen und abspielen. Dennoch oder vielleicht deswegen hat die Form des Vortrags, ergänzt mit projizierten Bildern, immer noch eine gewisse Faszination. Veranstaltungen in Kirchengemeinden, wo auch ein Länderreferent oder eine Programmverantwortliche Informationen vermitteln, vermögen immer noch Interessierte anzuziehen. Die Begegnung mit einer Person, die lebendig und anschaulich über den Aufenthalt in einem fernen Land erzählen kann, wirkt auch im Internetzeitalter als besonders authentischer und tiefgehender Eindruck.

Andrea Kittel, Kulturwissenschaftlerin (historischer Teil), und Christoph Rácz, Medienbeauftragter von Mission 21 (heutige Situation)

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