In unseren Planeten investieren

Die Arbeit für Gerechtigkeit steht seit vielen Jahren im Mittelpunkt der theologischen Agenda der Lateinamerikanischen Bibeluniversität (UBL), einer Projektpartnerin der EMW in Costa Rica. „Die Auswirkungen des Klimawandels sind am stärksten in Gemeinschaften zu spüren, die durch soziale und wirtschaftliche Kräfte verwundbar geworden sind, was die bereits bestehenden Ungerechtigkeiten noch verschärft“, erklärt Karla Ann Koll, Direktorin des Lehrstuhls für Theologische Wissenschaften an der UBL. „Die Klimakrise erfordert, dass unsere theologische Arbeit und unsere Bibelauslegung diejenigen anprangern, die für die Schädigung von Gottes Schöpfung verantwortlich sind, und Glaubensgemeinschaften ermutigen, sich für den Umweltschutz einzusetzen.“

Selbst kompostierte Erde – eine der verschiedenen Aktivitäten für Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf dem Campus der Lateinamerikanischen Bibeluniversität (UBL) in Costa Rica. © Foto: Mark Hare/UBL | Selbst kompostierte Erde – eine der verschiedenen Aktivitäten für Nachhaltigkeit und Umweltschutz auf dem Campus der Lateinamerikanischen Bibeluniversität (UBL) in Costa Rica.

Investiere in unseren Planeten – so lautet das Motto des diesjährigen Welttags der Erde. Wie investiert die UBL in unseren Planeten?

Hier an der UBL investieren wir unsere Energie und Kreativität in die Pflege des Teils von Gottes Schöpfung, in dem sich unser Campus befindet. Wir träumen davon, unsere Einrichtung in ein Modell für urbane ökologische Nachhaltigkeit zu verwandeln. Als einen unserer ersten Schritte haben wir Sonnenkollektoren auf unserem Hauptgebäude installiert. In unserem derzeitigen Garten sammeln wir Erfahrungen, die uns helfen werden, ein größeres Gartenprojekt zu starten, das der Gemeinschaft rund um die UBL offensteht. Wir erforschen Strategien zum Auffangen von Regenwasser. Die Kompostierung verhindert, dass organische Abfälle auf Mülldeponien landen, und trägt zur Anreicherung des Bodens bei. Durch die Umwandlung von Zweigen und anderem organischen Material in Biokohlenstoff bleibt der Kohlenstoff im Boden und nicht in der Atmosphäre. Obwohl die meisten unserer Lehrveranstaltungen online stattfinden, sind wir der Meinung, dass unsere theologische Reflexion in unseren Beziehungen innerhalb des Ökosystems, in dem wir uns befinden, verwurzelt sein muss.

Urbane ökologische Nachhaltigkeit: Die UBL hat Sonnenkollektoren auf ihrem Hauptgebäude installiert. © Foto: Mark Hare/UBL | Urbane ökologische Nachhaltigkeit: Die UBL hat Sonnenkollektoren auf ihrem Hauptgebäude installiert.

Sie haben das Verde-Projekt der UBL ins Leben gerufen. Worum geht es bei diesem Projekt? Und was wollen Sie damit erreichen?

Vor einigen Jahren hat die UBL das Leben auf dem Planeten zu einem der Hauptthemen ihrer Arbeit gemacht. Das Projekt UBL Verde hat uns konkrete Möglichkeiten gegeben, unser Engagement für die Schöpfung zum Ausdruck zu bringen. Im Jahr 2017 lud Greenfaith, eine interreligiöse Bewegung, die in den Vereinigten Staaten entstand, die UBL in die Green Seminary Initiative ein. Dieser Prozess half uns, Umweltbelange in verschiedene Aspekte unseres institutionellen Lebens zu integrieren: Lehrplan, Gottesdienst, Gebäude und Gelände, Gemeinschaftsleben und Öffentlichkeitsarbeit. Nachdem wir unser Zertifikat als grünes Seminar erhalten hatten, entwickelten wir das Projekt weiter. Unser grünes Team arbeitet daran, den Campus nachhaltig zu bewirtschaften, liturgische Materialien mit Bezug zur Bewahrung der Schöpfung bereitzustellen, Professor*innen zu ermutigen, Umweltthemen in ihre Lehre und Forschung einzubeziehen, und Beziehungen zu lokalen und regionalen Gruppen aufzubauen, die sich für Klimagerechtigkeit einsetzen.

Welche Rolle spielt die Bewahrung der Schöpfung in der theologischen Ausbildung?

Die Bewahrung der Schöpfung, die wir als planetarisches Leben bezeichnet haben, ist eines der zentralen Themen unserer theologischen Arbeit. Neben dem Einbeziehen von Umweltthemen in viele unserer Kurse haben wir einen Kurs, der sich mit Eschatologie in Zeiten des Klimawandels beschäftigt. Viele Kirchen in Lateinamerika sind von importierten Theologien beeinflusst, die auf einer bestimmten Lesart der Bibel beruhen und den Untergang der Erde vorhersagen. Es ist wichtig, diese religiöse Vorstellung zu dekonstruieren und zu bekräftigen, dass Gottes Liebe und sein erlösendes Handeln die gesamte Schöpfung umfasst. Wir hoffen, dass unsere Studierenden ihren Glaubensgemeinschaften eine theologische Vision vermitteln werden, die die gesamte Schöpfung als Teil der Zukunft der Gerechtigkeit und des Friedens sieht, die Gott herbeiführen will.

Anwohner*innen lernen auf dem UBL-Campus zu pflanzen. © Foto: Mark Hare/UBL | Anwohner*innen lernen auf dem UBL-Campus zu pflanzen.

Welchen Einfluss erhoffen Sie sich auf Ihre Studierenden und die Gesellschaft?

Als Leitende von Glaubensgemeinschaften hoffen wir, dass unsere Studierenden und Absolvent*innen ihre Kirchen und Gemeinschaften zu Lebensweisen anleiten, die Gerechtigkeit fördern und die Umwelt schützen. Dazu gehört auch, dass sie von der überlieferten Weisheit der indigenen Gemeinschaften und ihrer Beziehung zur Erde lernen. Wir hoffen, dass sich mehr Kirchen dem Protest gegen Rohstoffindustrien wie den Bergbau anschließen, die Gemeinschaften und Ökosysteme schädigen. Als Institution für theologische Ausbildung glauben wir, dass die Religionsgemeinschaften eine wichtige Rolle bei der Arbeit für Klimagerechtigkeit und die Förderung nachhaltiger Lebensweisen spielen müssen.

Was ist Ihre Hoffnung für unseren Planeten?

Der Apostel Paulus sagt uns, dass die ganze Schöpfung seufzt und darauf wartet, befreit zu werden. Wir sehnen uns danach, dass die Ökosysteme wiederhergestellt werden, damit alles Leben gedeihen kann. Während wir auf diese Zukunft hinarbeiten, stehen wir an der Seite der Gemeinschaften, die bereits durch den Klimawandel vertrieben wurden, und prangern die Systeme an, die für diese Schäden verantwortlich sind.

Das Interview führte Corinna Waltz.


Zur Person

© Foto: Mark Hare/UBL

Karla Ann Koll ist die Direktorin des Lehrstuhls für Theologische Wissenschaften der Lateinamerikanischen Bibeluniversität (UBL) in Costa Rica. Zusätzlich zu ihren Abschlüssen in Umweltwissenschaften und Theologie hat sie am Princeton Theological Seminary in Mission, Ökumene und Religionsgeschichte promoviert. Sie ist ordinierte Pfarrerin und Missionsmitarbeiterin der Presbyterianischen Kirche (USA).

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