
Theologische Ausbildung
Die EMW unterstützt und begleitet im Auftrag ihrer Mitglieder ökumenisch-theologische Aus- und Fortbildung in Partnerkirchen weltweit.
Mehr ...Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) tagte vom 15. bis 18. Juni zum ersten Mal seit 2018 wieder in Präsenz in Genf. Es war die sechste Tagung dieses Zentralausschusses, seit er 2013 auf der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan, Republik Korea, gewählt wurde. Neben der Auseinandersetzung mit den schweren Krisen weltweit standen Wahlen und die Vorbereitungen auf die 11. ÖRK-Vollversammlung auf der Tagesordnung des Leitungsgremiums. Zu den Delegierten im ÖRK-Zentralausschuss aus Deutschland gehören Dr. Judith Königsdörfer, EMW-Vorstandsmitglied und Referentin für Partnerschaftsarbeit und Ökumenisches Lernen bei der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, und EMW-Direktor Rainer Kiefer.
© Foto: Peter Williams/WCC | Vom 15.-18. Juni traf sich der ÖRK-Zentralausschuss in Genf.
Der ÖRK-Zentralausschuss hat seit langem wieder in Präsenz in Genf getagt. Was waren für Sie Höhepunkte des Treffens?
Rainer Kiefer (RK): Es war deutlich, dass die Wiedersehensfreude groß war und diejenigen wurden vermisst, die etwa aufgrund nicht ausgestellter Visa nicht dabei sein konnten. Es war ein trauriger Moment, als im gemeinsamen Gebet an alle erinnert wurde, die seit 2018 verstorben sind. Die gemeinsamen Gottesdienste und der intensive Austausch im Plenum und in Gesprächen am Rande waren eine eindrückliche Erfahrung.
Judith Königsdörfer (JK): Der Unterschied zum Online-Meeting im Februar war mit Händen zu greifen: Die persönliche Begegnung, die Möglichkeit, sich in die Augen zu sehen und miteinander im selben Raum zu sitzen, Raum für verschiedenste Gespräche zu haben und Gemeinschaft zu erleben, hat alle gefreut. Nach einer langen Phase der Isolation endlich wieder beieinander sein zu können, das hat Geist und Seele erfrischt und hat auch einen Vorgeschmack auf Karlsruhe gegeben.
© Foto: Viktoria Kühne | Dr. Judith Königsdörfer, EMW-Vorstandsmitglied und Referentin für Partnerschaftsarbeit und Ökumenisches Lernen bei der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland
Eines der großen Themen war die bevorstehende ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe im Herbst. Wie laufen die Vorbereitungen?
RK: Die Plenumssitzungen der Delegierten aus 354 Kirchen, die ökumenischen Gespräche und die Ausstellungsorte „am Brunnen“ werden intensiv vorbereitet. In diesen Tagen treffen sich die Moderator*innen und Berichterstatter*innen in Genf, um einen guten Ablauf der Vollversammlung sicherzustellen. Alle hoffen, dass alle Visa-Anträge in den Botschaften positiv beschieden werden.
JK: Man spürt, dass überall mit Hochdruck gearbeitet wird. Durch die Pandemie wurde so viel verzögert, lange herrschte Unklarheit, in welchem Umfang die Vollversammlung stattfinden kann. Aber nun geht es richtig los!
Der Weltkirchenrat zu Gast in Deutschland, was bedeutet das Ihrer Meinung nach für die Kirchen und Christ*innen hierzulande?
RK: Tatsächlich ist der Weltkirchenrat zum ersten Mal in Deutschland zu Gast. Ich wünsche mir, dass möglichst viele Menschen die Vielfalt und Schönheit der ökumenischen Bewegung wahrnehmen und Freude daran haben, dass unsere Kirchen mit all ihren Traditionen einen großen Reichtum bedeuten.
JK: Eine ÖRK-Vollversammlung in Deutschland – das ist ein einzigartiges Erlebnis! Seit der Gründungsversammlung in Amsterdam 1948 und dem Zusammenkommen 1968 in Uppsala/Schweden gibt es wieder eine Vollversammlung in Europa. Für Christ*innen hierzulande ist es eine wunderbare Gelegenheit, weltweite Ökumene live zu erleben. Man erhält einen Einblick in eine vielfältige und komplexe Welt und bekommt eine Ahnung von der Breite gelebten Glaubens. Impulse und Anregungen aus thematischen Veranstaltungen können mit nach Hause genommen werden. Und dann sind es ja oft die persönlichen Begegnungen und Gespräche, die dazu beitragen, das Feld Ökumene neu zu entdecken.
Welche Impulse für Mission und Ökumene erhoffen Sie sich von der ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe?
RK: Angesichts finanzieller Engpässe sparen Kirchen oft von außen nach innen; damit meine ich, dass die internationalen Beziehungen nicht für alle, die finanzielle Verantwortung tragen, Priorität genießen. Dabei leben auch unsere Kirchen in Deutschland von den Anregungen, die uns aus der Ökumene erreichen und die die Migrationskirchen bei uns repräsentieren. Viele internationale Gäste freuen sich auf Begegnungen mit uns und wollen unsere Kirchen kennenlernen. In diesen Begegnungen sehe ich eine große Chance.
JK: Für Mission und Ökumene wünsche ich mir, dass der Weitblick erhalten bleibt. Es gibt viele Themen, die uns weltweit bewegen, völlig unabhängig von Grenzen, Konfessionen und Institutionen. Das soll uns wieder neu bewusst werden und auch unsere Arbeit hier einordnen helfen. Wie es das Motto der Vollversammlung sagt, so hoffe ich, dass in beiden Handlungsbereichen die Liebe Christi bewegt, vereint und versöhnt.
© Foto: Corinna Waltz/EMW | EMW-Direktor Rainer Kiefer
Was stand noch auf der Tagesordnung des Zentralausschuss-Treffens in Genf?
RK: Die Auseinandersetzung um den Angriffskrieg Russlands, die Situation der Kirchen in der Ukraine, aber auch in Russland und die Chancen auf einen gerechten Frieden haben uns lange beschäftigt. Wie kann die Gemeinschaft der Kirchen angesichts kriegerischer Auseinandersetzungen gewahrt bleiben? Was kann und muss von Kirchen und ihren Leitungen in einer solchen Situation erwartet werden? Das waren zwei der drängenden Fragen.
JK: Hinzu kamen Fragen der öffentlichen Stellungnahme. Der Ausschuss für öffentliche Angelegenheiten (Public Issues Committee) hat sich an jedem Tag in jeder verfügbaren Pause getroffen, um Statements zu erarbeiten, die die Positionierung des ÖRK zu weiteren Themen wie Israel/Palästina, Sexueller Belästigung, Klimawandel und der Humanitären Lage in Äthiopien wiedergeben. Die Debatte zur sexuellen Belästigung, Ausbeutung und Missbrauch haben mich persönlich sehr betroffen gemacht. Da gibt es noch viel zu tun. Zudem haben wir über eine neue Einheitserklärung gesprochen, die auf der Vollversammlung in Karlsruhe verabschiedet werden wird. Sie beschreibt Selbstverständnis und Auftrag der Mitgliedskirchen und ist sicherlich auch für andere kirchliche Ebenen ein lohnender Impuls.
Es sind auch einige Personalentscheidungen gefällt worden. Die vermutlich prominenteste war die Wahl eines neuen Generalsekretärs. Pastor Prof. Dr. Jerry Pillay aus Südafrika wird im Januar den höchsten Verwaltungsposten im ÖRK übernehmen. Was wünschen Sie ihm für sein neues Amt?
RK: Vertrauen in Gottes Beistand in herausfordernden Leitungsentscheidungen; Freude an der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft des ÖRK, soweit diese in unserer Hand liegt; weiterhin ein brennendes Herz für Fragen der Gerechtigkeit, des Friedens und der Schöpfung.
JK: Jerry Pillay wünsche ich auch, dass er nicht nur verwaltet, sondern mit seinem Team mutig für die verschiedenen Aufgabenfelder des ÖRK eintritt und für Gerechtigkeit und Frieden unterwegs ist, dass er die Gaben der verschiedenen Kolleg*innen gut einbindet und die Anregungen aus den unterschiedlichen Mitgliedskirchen aufgreifen, umsetzen und wirken lassen kann.
Vor welchen Herausforderungen und Fragen steht die Gemeinschaft des ÖRK in den kommenden Jahren?
RK: Ich denke, es muss gelingen, den Zusammenhalt unter den konfessionellen Familien zu stärken – es geht also um die Einheit der Kirchen. Die biblische Botschaft von der Liebe Christi, die die Welt bewegt, versöhnt und eint, muss im säkularen Kontext multimedial zur Sprache kommen. Wenn Kirchen dies in ihrem Reden und Handeln und Feiern Gestalt gewinnen lassen, mache ich mir um die Zukunft des ÖRK keine Sorgen.
JK: Ja, die Frage des Gestaltens von Miteinander, von Einheit, bleibt zentral, auch über eine gemeinsam verabschiedete Erklärung hinaus. Zudem geht es darum, auch als globaler Akteur in einer Gemeinschaft von politischen Playern gut aufgestellt und vernetzt zu sein. Der ÖRK hat sich schon immer gesellschaftlichen Veränderungen gestellt. Dies bleibt in einer Zeit der wachsenden Herausforderungen eine wichtige Aufgabe.
Das Interview führte Corinna Waltz.
Berichte, Stellungnahmen und weitere Informationen zur Tagung des ÖRK-Zentralausschusses im Juni bietet die Website des Ökumenischen Rates der Kirchen.
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