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Mehr ...Myanmar nach dem Putsch: Das Militär geht brutal gegen den Widerstand des Volkes vor. Der auf der Berlinale als bester Dokumentarfilm ausgezeichnete Film „Myanmar-Diaries“ macht die Verzweiflung, aber auch die Entschlossenheit der Bevölkerung Myanmars nach dem Militärputsch für das Filmpublikum unmittelbar erfahrbar. Eine erstaunliche Dokumentation – beeindruckend und bedrückend zugleich.
© Foto: Myanmar-diaries/Zindoc
„Wir liebten unser Militär, aber ihr wendet euch gegen das eigene Volk, kommt zurück!“ Eine ältere Frau läuft vor einer stehenden Fahrzeug-Kolonne auf und ab und redet laut auf die Soldaten auf dem Pritschenwagen ein: „Ich habe keine Angst, seht, ich habe keine kugelsichere Weste an!“ Sie erhält keine Antwort, nur ein Uniformierter filmt sie stumm. Ihm schleudert sie ins Gesicht: „Ja, film’ mich nur! Ich habe keine Angst!“ Es ist ein verstörendes Bild, das die Dokumentation „Myanmar-Diaries“ in einer ihrer ersten Szenen zeichnet.
© Foto: Myanmar-diaries/Zindoc
Tatsächlich fällt in dieser Szene kein Schuss, aber die offenbar auf den Straßen Yangons dokumentarisch festgehaltene Begebenheit atmet eine gespenstische Bedrohlichkeit, die die ganzen 70 Minuten dieses außergewöhnlichen Films anhält. Er ist ein Arrangement von dokumentarischen Handy-Videos und nachgestellten Spielszenen der Ereignisse seit dem Militärputsch am 1. Februar 2021 bis heute, und er wurde von einer Gruppe myanmarischer Filmschaffender gedreht, die sich „The Myanmar Film Collective“ nennt. Die ältere Frau bleibt wie alle Darsteller*innen in diesem Film aus Sicherheitsgründen anonym.
Das ändert aber nichts an der Unmittelbarkeit, mit der die Zuschauer*innen mit hineingenommen werden in die Fassungslosigkeit und die Wut der Bevölkerung Myanmars über die militärische Zerstörung der mühsam und unter zahllosen Opfern errungenen Demokratie nach jahrzehntelanger Militärdiktatur. Es wird das ohrenbetäubende Töpfeschlagen als ziviler Protest gegen die nächtlichen Verhaftungen gezeigt. Aber auch die Angst derer, die verhaftet werden, und die ihrer Angehörigen – eine quälend lange Sequenz hält die nächtliche Festnahme einer Frau in ihrem Haus fest, die wiederholt ruft: „Ich komme am Tag freiwillig zu Euch, wo ist Euer Haftbefehl?“ Und man hört ein Kind, das die Soldaten immer wieder anfleht: „Bitte, bitte, nehmt meine Mama nicht mit!“ Und das schließlich leise weinend nur noch bittet: „Bitte, tut meiner Mama nichts an!“
Die Hilferufe von Verhafteten, das aus der Distanz gefilmte Zusammenschlagen eines Demonstranten, Schüsse, Blut auf der Straße, fliehende Menschen, solche kaum erträglichen Szenen lösen sich ab mit stillen Blicken über das Häusermeer der Großstadt und langen Nahaufnahmen in Wohnungen und Häusern, wo Menschen unter Schlaflosigkeit leiden oder sich dazu durchringen, der zivilen Widerstandsbewegung beizutreten, wie sie versuchen, Beziehungen zu gestalten und Trennungen zu verarbeiten.
Der Film beginnt in der Großstadt, und er endet im Dschungel, wo die Ausbildung von Kämpfern und Kämpferinnen gezeigt wird, zu Scharfschützen, zu Kampfeinheiten gegen das Militär. Es wird deutlich: In Myanmar herrscht seit einem Jahr das Militär, aber inzwischen herrscht auch Krieg, und dem bewaffneten Widerstand schließen sich immer mehr Menschen an. Zu diesen Bildern flüstert eine junge Frauenstimme ganz am Schluss mehrfach und eindringlich: „Can you hear us?“ Könnt ihr uns hören? Es ist, wenn man so sagen darf, ein stolzer Hilferuf, direkt an die gerichtet, die den Film sehen.
Es wäre wichtig, dass dieser außergewöhnliche Film in deutschen Kinos gezeigt oder vielleicht auch online bereitgestellt wird, um die Hoffnung derer, die diesen Film unter Lebensgefahr gedreht haben, zu nähren: die Hoffnung auf einen Sieg über die Militärjunta und auf Frieden und Demokratie in Myanmar, und die Hoffnung auf Unterstützung dieses Kampfes.
Eckhard Zemmrich
Genre: Dokumentation; Laufzeit: 70 Min; Land: Myanmar; Sprache: OmeU; Regie: „The Myanmar Film Collective“ – Myanmar-Diaries wurde am 13. Februar 2022 auf dem Berliner Filmfestival „Berlinale“ uraufgeführt und erhielt dort den Dokumentarfilmpreis. Der Zusammenschluss anonymer Filmschaffender „The Myanmar Film Collective“ hat sich zur Aufgabe gemacht, das Leben nach dem Militärputsch als Art des kreativen Widerstands zu dokumentieren.
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