Lese-Tipp: Schwarz und Frau

Tsitsi Dangarembga ist Schriftstellerin, Filmemacherin und Dramaturgin. Ihr Buch „Schwarz und Frau. Gedanken zur postkolonialen Gesellschaft“ vereint drei autobiographisch gefärbte Essays, die sich mit der Situation der Frau im postkolonialen Simbabwe, der Situation als Schriftstellerin im feministischen Kontext und den Auswirkungen des Kolonialismus auf ihr Leben beschäftigen. Diese Schilderungen verknüpft sie mit Informationen zur Geschichte der Republik Simbabwe, der ehemaligen britischen Kolonie Südrhodesien, in der sie geboren wurde, und Simbabwes Weg in die Unabhängigkeit. Petra Jaekel hat das Buch gelesen.

Tsitsi Dangarembga: Schwarz und Frau. Gedanken zur postkolonialen Gesellschaft. Quadriga Verlag. ISBN: 978-3-86995-127-0 Tsitsi Dangarembga: Schwarz und Frau. Gedanken zur postkolonialen Gesellschaft. Quadriga Verlag. ISBN: 978-3-86995-127-0
„Ich wurde also in diese grausame Gesellschaft geboren, die mich im Wesentlichen als mangelhaftes Wesen konstruierte, als jemanden, der erst ein vollständiger Mensch werden müsse, aber da er einen schwarzen Körper habe, diesen Status nie erreichen werde“, so beschreibt Tsitsi Dangarembga zu Beginn ihres Buches „Schwarz und Frau“ ihr Ringen um ein eigenes positives Selbst. Sie tut dies vor ihren Schilderungen historischer Fakten und politischer Analysen und bringt so die institutionelle und intersektionale Diskriminierung auf den Punkt.

Obwohl in der Minderzahl, etablierten die britischen Kolonialist*innen eine europäische Vorherrschaft inklusive Inbesitznahme weiter Teile des Landes. Es herrschte Rassentrennung. Moralvorstellungen und Arbeitsethos der weißen Siedler*innen waren der Maßstab, nach dem die afrikanische Bevölkerung geformt werden sollte. Dangarembga beschreibt, wie dies zum Verlust lokaler Vorstellungen von Anstand und Schicklichkeit, von lokalen Wissenssystemen und metaphysischen und Rechtssystemen sowie Sprache führte. Auch Missionsstationen transportierten diese Werte. Dangarembgas Eltern unterrichteten an einer Missionsschule, die von amerikanischen Methodist*innen gegründet wurde, und waren überzeugte Mitglieder der Religionsgemeinschaft, wie sie schreibt.

Doch auch der Weg der Gesellschaft Simbabwes vom Kolonialismus zum Postkolonialismus verbesserte die Situation der Bevölkerung und Stellung der Frau im privaten und im öffentlichen Raum nicht. Nach einer anfänglichen positiven Phase, die auch die Emanzipation der Frauen zum Ziel hatte und Dangarembga in Kontakt mit feministischer Theorie brachte, wandelte sich „Feminismus“ zu einem diskreditierten Begriff in Simbabwe. Heute spricht sie von einem rücksichtlosen Patriarchat der regierenden Partei ZANU-PF.

Sie kritisiert die westlichen ehemaligen Kolonialmächte, sich nicht damit auseinandersetzen zu wollen, welchen Schmerz sie denjenigen zugefügt haben und noch zufügen, die als Schwarz klassifiziert werden. Dieses Aussprechen bedeutet für sie ein Abstandnehmen von denjenigen, die die Schmerzen zugefügt haben und die Möglichkeit, sich „in jemanden zu verwandeln, der nicht mehr verstümmelt werden kann“. Für sie ist das Schreiben ein Heilungsprozess.

Für diejenigen, die das Buch lesen, macht die Verwobenheit von kolonialer Geschichte mit den Schilderungen der individuellen Auswirkungen – psychisch wie physisch – auf die kolonialisierten Menschen, exemplarisch dargelegt im persönlichen Lebensweg Tsitsi Dangarembgas als Schwarze feministische Frau, diese Auswirkungen nachvollziehbar. Das ist das Besondere dieses Buches.

Petra Jaekel

Unsere Themen

Erfahren Sie mehr über die Themen und Schwerpunkte der Evangelischen Mission Weltweit.

Der EMW-Newsletter

Abonnieren Sie unseren Newsletter, um immer informiert zu sein.